Album der Woche Jon Allen mischt sich unter Londons zwielichtige Gestalten
Eine Kreuzung im Herzen von Londons Unterwelt. Das ist "Seven Dials". Aber nicht nur das, sondern ebenso ein spannendes Album von Jon Allen.

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So klingt Jon Allens Album "Seven Dials"
Am 2. Mai hat der englische Singer-Songwriter seinen musikalischen Streifzug durch die Londoner Unterwelt veröffentlicht. "Seven Dials" ist sein siebtes Studioalbum und taucht mit seinen elf Songs tief ein in die dunklen Ecken einer Metropole im 18. Jahrhundert. Was ihn zu seiner Zeitreise in die Welt von Verbrechen und Zügellosigkeit bewegt hat, offenbart Jon Allen im Gespräch mit Bremen Eins.
Ich habe einfach begonnen, in die Gefühlswelt dieses speziellen Teils Londons und dieser Polizeistation mit ihrer Arrestzelle einzutauchen.
Jon Allen
Auslöser für sein aktuelles Album ist ein Besuch Jon Allens im Bow Street Police Museum in Covent Garden gewesen. Heute hat sich dieser Londoner Bezirk zu einem hippen Vergnügungs- und Kulturviertel gemausert. Das war nicht immer so, berichtet Allen. Es gibt dort immer noch eine sehr alte Polizeistation, in welcher sich damals die erste Polizeitruppe in England überhaupt formiert hatte. Bow Street Runners nannten sich diese frühen Ordnungshüter, in deren Arrestzellen auch prominente Persönlichkeiten wie etwa der irische Schriftsteller Oscar Wilde landen konnten. Im Zuge seiner Recherchen zu "Seven Dials" stieß Jon Allen auf schillernde Typen wie den quasi zum Volkshelden gewordenen Gauner Jack Sheppard, dessen Leben am Galgen endete. Auch berüchtigte Berufsverbrecher wie die Kray Twins kreuzten Allens Rechercheweg. Die Gebrüder Kray trieben besonders im Londoner Nachtleben nördlich der Themse ihr Unwesen. In die bizarre Gefühlswelt dieses aus seiner Sicht sehr speziellen Teils Londons hat Jon Allen sich mit seinem Album "Sven Dials" tief hineinbegeben und das in Musik gefasst, was ihn an der Kreuzung mitten im Schmelztiegel der britischen Metropole fasziniert.
Es ist eine meiner kühnsten Platten.
Jon Allen
"Seven Dials" sei eine seiner kühnsten Platten, ist der Songwriter mit der angenehm rauen Stimme überzeugt. Kühn ist auch die Thematik, denn Raub, Betrug, Schutzgelderpressung und Prostitution gehören ja nicht gerade zu den klassischen Albumthemen. Aber gerade weil Covent Garden immer noch eine schillernde Gegend ist und trotz zunehmender Gentrifizierung ihre Schattenseiten ebenso wie einen eigenwilligen Charakter besitzt, hat sich Jon Allen ungemein inspiriert gefühlt. Die alte Polizeistation als Ort des Gesetzes mit seiner großen Geschichte über die Londoner Unterweilt sei unter Songwriting-Gesichtspunkten interessanter und idealer Startpunkt für sein Album, ist Allen überzeugt.

Es ist tatsächlich die hochinteressante Gegend dort. Die war ein richtiger Schmelztiegel mit armen Leuten und reichen.
Jon Allen
An Seven Dials haben sich die Wege von Arm und Reich gekreuzt. Sieben Straßen treffen dort aufeinander, spülten Politiker ebenso wie Schauspieler bis zurück ins 18. Jahrhundert in die Verlockungen des Nachtlebens hinein. Der am 12. Mai 1977 in Winchester geborene Jon Allen ist nun selbst der Faszination dieses quirligen Londoner Stadtteils erlegen, obwohl er auch hat Lehrgeld zahlen müssen: Kurz nachdem er nach London gezogen war, wurde er beraubt. Jetzt weiß er, dass man auch im London von heute seine fünf Sinne beisammenhaben muss, wie er es ausdrückt. Das sei nicht viel anders als damals, denn in der so geschäftigen City würden doch die unterschiedlichsten Typen dem Geld hinterherjagen. Seven Dials nun sei eine heftige Gegend und habe ihm die Augen dafür geöffnet, was es alles in seinen Songs einzufangen gebe, erläutert Allen die Grundidee für sein neues Album.

Ich habe versucht roh und auf gewisse Weise resolut und unvollkommen zu klingen, nicht zu blank poliert.
Jon Allen
Mit "The Shadow" eröffnet Jon Allen sein Album fast im Charakter eines Trauermarsches. Langsam zieht er den Vorhang vor den Abgründen und Verlockungen des Londoner Vergnügungsviertels zurück und gibt erste Hinweise auf die Ausrichtung seiner Musik. Classic-Rock-Elemente und Blues blitzen auf, aber schon mit dem zweiten Track, dem Titelsong "Seven Dials", offenbart Allen seine lyrische Musikerseite, die an Elton John erinnert. Musikalisch haben ihn britische Bands wie Free und The Faces, aber auch Solokünstler wie Van Morrison und eben Elton John geprägt, betont Allen. Dem Ausgangsort seines Albums entsprechend wollte der Songwriter mit der Schiebermütze roh und unvollkommen klingen. Das mit der Unvollkommenheit hat nicht ganz geklappt, denn Allens Songs verschmelzen gekonnt bluesige Härte mit Balladenmelodik, folkige Intimität mit rockiger Kantigkeit. Letztere wird besonders deutlich mit dem an Led Zeppelin erinnernden eckigen Gitarrenriff, welches den Titel "Nine Lives" prägt.
Jon Allen, der 2009 sein Debütalbum "Dead Man’s Suit" vorgelegt hat, scheint ein Faible fürs Dunkle und für die Nacht zu haben. Bereits im dazugehörigen Video irrlichtert eine geisterhafte Gestalt über einen nächtlichen Friedhof. Die Videos zu Allens aktuellen Songs spielen ebenfalls im nächtlichen Zwielicht, dem der Straßen, Keller und Kneipen einer Großstadt. So wie sich die Besucher Covent Gardens ins pralle Nachtleben und in die diffusen Abgründe der Unterwelt gestürzt haben, hat Jon Allen sich in den Kontext jener historischen Zeit hineinbegeben und seinen Gefühlen ein geschichtliches Echo vermittelt. Er habe dadurch genau die Dinge sagen können, die er unbedingt loswerden wollte, und seinen Emotionen freien Lauf lassen können, ist der kreative Songwriter überzeugt. In seinen neuen Songs sei sehr viel von seiner Persönlichkeit zu finden, durch sie spreche er gewissermaßen selbst.
Ich neige immer mehr dazu, mich eher zu dem Typen, der vor der Polizei davonläuft, hingezogen zu fühlen, als zu dem Typen, der in der Polizeiuniform steckt.
Jon Allen
Jon Allen geht sogar noch weiter, indem er sich mit den Charakteren seines Albums zunehmend identifiziert. Die Maxime "Lebe dein Leben so, wie du es willst" besitzt für ihn offensichtlich eine so hohe Anziehungskraft, dass er immer mehr dazu neigt, sich eher zu demjenigen, der vor der Polizei davonläuft, hingezogen zu fühlen, als zu dessen Verfolgern. Da blitzt geradezu eine krasse Schubumkehr auf, weg vom rein beobachtenden Songwriter hin zur Teilnahme an einem wechselhaftes Dasein, welches gut 250 Jahre zurückliegt. Die Vorstellung, immer auf der Hut zu sein und ein kurzes, turbulentes Leben zu leben, fasziniere ihn einfach, gibt Allen zu. Diese Faszination ist in "Seven Dials" ganz deutlich zu spüren.
Es ist ein bisschen eine Rückkehr zu der Musik, die ich gemacht habe, als ich noch sehr jung war.
Jon Allen

Der Songwriter, der auf seiner Homepage seine Stimme als von Whisky getränkt beschreibt und diese schon in den Dienst von Werbespots, TV und Radio gestellt hat, ist mit der Musik seines neuen Albums zum Sound seiner frühen Jahre zurückgekehrt. Als junger Mann stecke man doch voller Testosteron und Energie, die sich primär im Rock entladen würden, stellt er fest. Selbstverständlich ist Jon Allen im Laufe seiner Karriere musikalisch gereift, aber in seiner aktuellen Band spielt er mit genau den Musikern zusammen, mit denen er schon zu College-Zeiten gemeinsam Musik gemacht hat. Auf "Seven Dials" jedenfalls verschmilzt er gekonnt die Welten von Rockfeeling und Balladenzartheit. "Klassische Liebeskummerschnulzen" nennt Allen seine ruhigen Songs selbstironisch im Gespräch mit Bremen Eins. Und dann gebe es natürlich noch einige folkige Elemente, betont Allen. "The Glass Moon" mit seinen zarten Streicherklängen und der Albumabschluss "The Dealer" mit seiner perlenden Akustikgitarre stehen für diese Facette.
Ich habe mein Album um Themen wie Sünde und Erlösung herum aufgebaut.
Jon Allen
Aufgenommen hat Jon Allen sein Album weitgehend in seinem Heimstudio in Nordlondon und auch selbst produziert. Wie schon bei seinen Vorgängeralben hat ihm dabei sein Drummer Adam Skinner geholfen, der unter anderem für die Streicherarrangements gesorgt hat. Adams Bruder Dan war für Mixing und Mastering verantwortlich. Der klare Sound, der Jon Allens Reigen um Sünde und Erlösung begleitet, ist durchtränkt von emotionaler Tiefe. Dennoch verströmt Allen immer auch eine gewisse Lässigkeit, gut spürbar etwa in "White Gold" mit seinem James-Bond-Sound. Ursprünglich ist mit dem weißen Gold der Zucker gemeint, auf die heutige Zeit übersetzt wäre es wohl eher Kokain. Damit hat Jon Allen gekonnt eine Klammer zwischen dem London des 18. Jahrhunderts und der Gegenwart gefunden.
Was mich am meisten mit Stolz erfüllt, ist die Tatsache, dass mir bewusst ist, dass man mein Album nur lieben oder hassen kann. Denn es besitzt eine starke Persönlichkeit.
Jon Allen
Er habe mit "Seven Dials" sein eigenes Ding gemacht, erklärt Jon Allen nicht ohne Stolz. Besonders gefalle ihm an seinem neuen Album, dass man es seiner Meinung nach nur lieben oder hassen könne. Starke Worte von einer starken Künstlerpersönlichkeit, die weiß, was sie musikalisch zu tun und zu lassen hat. Das zu verfolgen ist interessant und anregend zugleich. Man muss dabei auch gar nicht in die Extreme Liebe oder Hass verfallen. Wir können Jon Allen auf seiner spannenden Reise ins dunkle Herz Londons begleiten – allerdings ohne auf unsere Wertsachen aufpassen zu müssen. Also, nichts wie hin!
Jon Allen "Seven Dials"
Monologue Records
EAN: 8717931351195
VÖ: 02.05.2025
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Das Gewinnspiel endet am 17. Mai 2025.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 12. Mai 2025, 14:40 Uhr